Flachsanbau in Berel

Von Heinrich Löhr, 2003

Früher war der Flachsanbau ein großer Zweig in der Landwirtschaft. Die Voraussetzung war gut, man hatte Wasser und Land in der Gemarkung, da wir in der Hildesheimer Börde liegen.

Der Flachssamen wurde erst mit der hand, später mit der Maschine ausgesät. Er blüht bläulich und ist auch pflegeleicht – ein Paradies für Bienen. Die Befruchtung erfolgte sehr schnell und man sah die Früchte sehr schnell reifen. Früher wurde der Flachs mit der hand aufgerissen, damit die Wurzel am Stiel blieben, um einen längeren Faden zu erreichen. Der Flachs wurde in kleinen Bündeln gesammelt. Der Samen wurde vom Stiel gelöst, in dem man ihn über ein Nagelbrett zog. Die Früchte wurden dann im Herbst auf der Tenne in einem Sack mit dem Flegel gedroschen. Um den Samen vom Gehäuse zu trennen, wurde er gegen den Wind gestreut, später über eine Windfege gereinigt. Der Abfall wurde dem Vieh als Futter gegeben. Der Samen selbst wurde gepresst oder zur Ölmühle gebracht, wo dann das Leinöl entstand; dies wurde wirtschaftlich, bzw. pharmazeutisch verwertet.

Zu jedem Gehöft in Berel gehörte eine Flachsrotte, die mit Flachs gefüllt und dann geflutet wurde. Nach einiger Zeit wurde das Wasser abgelassen, um den nächsten Arbeitsgang einzuleiten. Der Flachs wurde in der Flachsbreche gebrochen. Damit wurde der Faden erzielt, der schneeweiß aussah. Der dünne Faden wurde durch einen Wickelvorgang zum dickeren Faden gebunden und zum Knäuel gedreht. Dies Knäuel wurde dann verkauft an einen Leinenweber, oder nach Braunschweig. Meine Vorfahren väterlicherseits waren Leinenhändler und mütterlicherseits Leineweber in Berel (Christian Kempe, an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, Berel Ass Nr. 70, heute Südstraße 7). Der Webstuhl, genannt Nocken, stand in der Stube, ich habe ihn als Kind noch gesehen. 1865 begann bei  uns der Rübenanbau, in Burgdorf wurde die Zuckerfabrik gebaut. Er verdrängte den Flachsanbau immer mehr aus der Landwirtschaft. 1935 aber ging der Flachsanbau in Berel wieder los. In Bad Gandersheim hatte man eine Flachsröste gebaut, um das Leinen maschinell herzustellen. In den 50er Jahren nach der Umstellung der Landwirtschaft auf Trecker wurde der Flachs mit der Maschine gerupft, die über die Zapfwelle lief. Der Flachs wurde im Osterlinder Bahnhof verladen und gelangte so zur Flachsrösterei. Wir konnten dann auch Leinenballen kaufen.

Die Flachsrotten lagen aus diesen Gründen ungenutzt da und verkamen. Lehrer Froböse kam auf den Gedanken, eine Fischzucht zu gründen. Er hatte in meinem Großvater Heinrich Löhr, der damals Bürgermeister war, einen Fürsprecher. Sie gründeten den Verein 1908 und begannen Fischteiche zu bauen. 1911 wurden die ersten Karpfen ausgesetzt. Leider brach der 1. Weltkrieg 1914 aus. Die Hungersnot wurde groß und 1916 war es mit dem Fischereiverband zu Ende. Der Fischbestand wurde restlos gestohlen.

Entnommen aus: Nachrichten aus dem Pfarrverband 05.2003

 

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